Von der Leitkultur und unserem christlichen Erbe

Da braten mir doch einer einen Storch. Okay, mein persönlicher Schmerzpegel ist zurzeit wieder hoch. Die Medikamente die ich nehme sind nicht ohne Nebenwirkungen. Und das auf und ab einer chronischen Auseinandersetzung mit dem Körper kennt eben Höhen und Tiefen. Macht ja auch nichts, das Leben geht weiter. Und ich schreibe aus dem Ich heraus, also wie ich es empfinde. … Bis hin zur Anspreche an den Herrn Bundesinnenminister.

Ich lasse so die letzten Wochen an mir vorüberziehen und stelle fest ich bin, dass was ich bin. Pirat. Und so treffen mich Leitkulturansätze wie der des Bundesinnenministers doch schon sehr. Ich bin kein Christ. Und ich werde mich nicht in einer Leitkultur mit einer christlichen Frontprägung einordnen. Ich sehe gerne in die Gesichter von Menschen, die mit mir reden, sehe gerne ihre Mimik und das Leuchten in Ihren Augen, wenn wie sich freuen, etwas verstehen, jemanden wiedererkennen oder auch einfach nur wache lebendige Augen haben. Ich mag die Burka nicht. Sie ist für mich ein Symbol des Glaubens, der das gesamte Leben so durchdringt, das er sich in der Kleidung eine Bahn bricht nach außen zu treten. Na und? Dennoch hat diese Frau ein Recht, diese Burka zu tragen. Als Teil Ihres Glaubens ebenso wie zum Schutz in einer Gesellschaft deren Dynamiken sie nicht / noch nicht / nicht wirklich kennt oder erkennt. Mit der sich diese Frau nur schwer auseinandersetzen kann, weil das Verhalten dieser Menschen doch so weit von ihren eigenen Grundwerten entfernt optisch von statten geht. Also stelle ich meine sozialen Gewohnheiten eben nicht über die Selbstbestimmung der religiösen Identität. Selbst wenn ich lieber Gesichter sehe.

Leitkultur … ich soll Menschen die Hand geben, was ich nur bei bestimmten Anlässen und bestimmten Menschen tue. Meist bei Menschen, bei denen ich das Risiko und den Nutzen abwäge. Nutzen? Das Gefühl des Verbunden seins, der „Familie“ im weiteren Sinne. Also der zum Beispiel politischen Familie. Jedoch nicht jedem Menschen dem ich begegne. Das Risiko? Ich erwähnte es eingangs. Ich bin erkrankt. Ich habe eine Autoimmunerkrankung mit reduzierter Immunantwort. Ich bekomme Erkrankungen also direkt rein und das Filtersystem der eigenen körperlichen Verteidigung ist Führungslos. Es greift bei einer Infektion den Infekt und den Körper an. Größeren Kontakt im Alltag, öffentliche Verkehrsmittel, moderne Büros mit Klimaanlagen und Großveranstaltungen stellen mich immer wieder vor Herausforderungen auf der Basis von Leben und Tot. Also, ich habe natürlich meine Tricks. Dauernd verschwinden um die Hände zu waschen. Und in der Erkältungszeit dann Menschen aus dem Weg gehen. Und so weiter. Aber in einer Leitkultur dann hier Wir geben die Hände als Grundlage? Nein, wir geben nicht die Hände. Oft nicken wir uns zu. Wir winken. Wir rufen Hallo oder MoinMoin. Das ist keine Frage der Leitkultur, sondern des Tagesorganisationrahmens.

Wir sind nicht Burka, wir brauchen jedoch auch keine Haltung dazu. Denn wir sind frei in der Religionsausübung. Also ist eine christliche Leitlinie an egal welcher Stelle ein Bruch des Grundgesetzes. Eine Veränderung der Regeln, in denen ich aufgewachsen bin. Übrigens, das Vermummungsverbot bei einer Demo ist in diesem Zusammenhang ein Sicherheitsspinnerwitz mit gefahrenpotential. Denn das ist eine Bedingung der Polizei, die immer noch nicht ausreichend gekennzeichnet ist, so das ein Demonstrant, der sich polizeilicher Gewalt ausgesetzt fühlt oder ihr ausgesetzt ist ein Problem bei der Identifikation des handelnden Beamten hat. Mal genauer hinschauen. Denn das Verbot müsste auch die Kennzeichnung der anständigen Polizei beinhalten. Damit die schwarzen Schafe aus der Herde entlassen werden können. Genau wie das Vermummungsverbot… mal zu Ende gedacht.

Und der Wert der Allgemeinbildung? Die entsteht aus der Fähigkeit Fragen zu stellen und Themen zu verbinden. Also das was unsere Schulbildung gerade zu unterbinden sucht. Das was wir brauchen ist eine Jugend, die Verantwortungsbewusstsein in Umgang mit Menschen und mit Information in der Lage ist, dieselben schneller, sicherer und digitaler zu erfassen, zu verknüpfen und zu verarbeiten. Nur sind Menschen, die sich frei und ungebremst Ihre Bildung und Ihr Wissen erwerben natürlich nicht so leicht bereit, sich einem Leitkulturbild zu unterwerfen. Und warum sind sie das nicht? Weil sie gelernt haben sich Ihre Meinung auch selbst zu bilden. Und dieses unlenkbare Verlangen nach eigener Identität ist es, dass einer Leitkultur den Nährboden und die Führbarkeitsgrundlage entzieht. Also werden wir weiterhin mit Pisa uns selbst in die Irre führen und den wichtigsten Trick eines Guten Ausbilders oder Lehrers nicht beachten. Den Trick, einen Schüler selbst an eine neue Situation heranzuführen in der er die Summe seiner Fähigkeiten benötigt und mit der einzelnen Information seine Aufgabe nicht erfüllen kann. Keine analoge, sondern eine digitalisierte und umfassende Übersicht der Welt in der ein Schüler lebt und in der seine Versetzung von der Fähigkeit Strategien zur Problemlösung zu entwickeln abhängt. Oder eine Ausbildung, die völlig frei ist von Bewertungen. Nur ist die noch schwieriger Zielgerichtet zu gestalten.

Übrigens, der Leistungsgedanke ist es, der mich besonders zornig macht. ALG II oder Umgangssprachlich Harz IV ist keine Leistung einer Leistungsgesellschaft. Es ist ein Almosen. Warum? Wegen der Bedingungen unter denen es gewährt wird. Es schränkt in seiner Wirkung alle Grundrechte ein. Menschenwürde, die bei einem kranken Menschen sowieso viel schwerer als Lebenswert noch zu ehrhalten ist. Denn die Belastungen, die eine schwere Erkrankung mit sich bringt sind weit höher als die des sowieso schon nicht einfachen Lebens. Warum? Weil der Mensch nun mal nicht nur technische Funktion ist. Wie viele Menschen nehmen sich mit einer schweren Krankheit das Leben und warum. Der Tod – ein Tabuthema in unserer Gesellschaft der sozialen Gewohnheiten – ist ohnehin viel näher. Die Belastungen des Alltags reichen weiter. Die Beschränkungen der Handlungsfähigkeit und der Beweglichkeit belasten empfunden viel schwerer. Depressionen und Mutlosigkeit sind für einen schwer chronisch Kranken immer nur eine Tür weiter. Dennoch ist es unumgänglich, das Menschen weitermachen und weiter für sich selbst kämpfen können. Auch wenn das Almosen des ALG II es Ihnen schwerer macht, einen Lebenszweck überhaupt noch zu erhalten. Denn selbst die Freiheit der Betätigung im Ehrenamt wird im ALG II begrenzt. Sogar der Versuch sich wenigstens unentgeltlich in der Leistungsgesellschaft zu verankern und über eine Leistung einen eigenen Wert für das Gemeinwohl das einem ja helfen will und auch soll zu erbringen wird im Bezug auf 15 Stunden die Woche begrenzt, weil … man dem Arbeitsmarkt ja sonst nicht zur Verfügung steht. Der Leistungsgedanke ist es nicht, der uns so großgemacht hat. Was uns nach dem 2 WK wieder groß gemacht hat waren vor allem die Frauen, die das Land nach dem Tod und der Traumatisierung ihrer Männer wieder aufgeräumt haben.

Diese Frauen, Herr Bundesinnenminister sind es, denen wir den Start des Wirtschaftswunders mit der Unterstützung der Amerikaner durch die Trennungslinien durch Deutschland verdanken. Leistungsgedanke, … die gleichen Frauen, die deshalb bis heute kaum von Ihren Renten leben können. Was mich stolz macht, ist jeder Tag, wo ich mit meiner Arbeit und meinem Wirken einem Menschen geholfen habe. Nicht die Leistung, sondern die Hilfe für andere Menschen macht mich stolz.

Und auch das Israel ein existenzrecht hat. Ja hat es. Und? Der Libanon auch. Und Ägypten auch. Syrien auch. Deutschland auch. Frankreich… nein ich zähle nicht alle Länder auf. Dennoch hat keines der Länder das Recht sich gegen die in Ihm lebende Bevölkerung zu vergehen. Nicht wir. Nicht die USA und nicht Russland. Und auch nicht Israel. Das dumme oder gute ist jedoch. Wir sind nicht diejenigen, die diese Handlungen zu bewerten haben. Das ist für alle Mitglieder der UN die UN. Wir sind dort glaub ich – obwohl einst als Feindstaat aufgeführt – nun Mitglied. Und durch die Mitgliedschaft auch kein Feindstaat mehr. Eigentlich. Da gibt es sogar eine Resolution, die das erklärt. Aber die wird in Deutschland nicht publiziert … oder? Die Geschichte ist also auch nicht ihre Stärke, Herr Bundesinnenminister. Übrigens, ich schreibe Sie aus Respekt vor Ihrem Namen nicht mit Ihrem Namen an. Ich bin mir einfach nicht sicher, wie ich denselben in einem fließend geschriebenen Text richtig schreibe. Und ich bin mir des Namenswortstammes auch nicht sicher. Ist er französisch? Hugenottisch? Kommt er aus einer anderen Geschichtelage?

Kulturnation: Deutschland. Oh wie. Wie konnte ich das nur verpassen. Schiller, Goethe, Lessing. Und Kant. Oder? Nun ja. Als wir noch über den Limes geturnt sind, waren die Philosophen wohl eher Seneca, Plato, Aristoteles, Demokrit, Heraklit, und so weiter und so fort… Jedes Land und Jede Region hat seine Kulturquellen. Das sie unsere als besonders wichtig wahrnehmen macht mir eher Angst, als das es mich froh stimmt für eine Zukunft mit Ihrer Leitkultur. Und nein, wenn sie sich anhören, was für Musik da zur Untermalung gespielt wird, dann ist das eher eine Kultur, die mich Atemlos in die Nacht fliehen lässt. Und ein Politiker sollte zur Eröffnung eines Kulturhauses kommen. Und eines Museums. Eines Fußballplatzes. Diese Kulturstätten sind grösser als alle Kirchen in Deutschland. Die Fußballstadien werden nun sogar Arenen genannt. Panem et circenses, lieber Herr Bundesinnenminister.

Übrigens, der Einfluss der Kirche auf die Politik und das Leben ist nicht einfach so entstanden. Der wurde der christlichen Kirche gegen deren Widerstand mit Gewalt in Europa entrissen. Die Kirche wurde enteignet. Und dennoch wurden Kompensationsvereinbarung an die Kirche geschlossen, die heute noch Gültigkeit haben. Das was sie in Ihren Thesen verbreiten sind wohl Fakenews. Denn die Fakten stimmen nicht.

Der Staat wendet sich nicht der Kirche freundlich zu. Der Staat im Sinne des Grundgesetzes ist neutral zur Kirche. Sie ist einfach nur eine Religionsbeschreibung. Die eines großen Teil der Menschen. Okay. Aber auch jede andere Religionsbeschreibung. Jeder andere Glaube hat unabhängig von der Anzahl der Glaubenden das Recht auf die gleiche Behandlung wie die röm.-kath. oder die evangelische Kirche. Allein dass Sie diese Differenzierung des Glaubensbekenntnisses nicht mehr beachten, zeigt, dass es Ihnen nicht um den Glauben als solches, sondern um die Stärkung Ihres Glaubens geht. Also um das was sie den Muslimen gerne unterstellen. Nach dem also Ihre Haltung von Kultur und Religion nur ihre Bestrebungen nach Macht und Einfluss als Grundlage haben, und Sie damit sich als echter Christ-Demokrat geoutet haben… ach so. Sie sind ja in der CSDU…

Und wenn ich dann nach der Zivilkultur schaue. Dann fällt mir Oderhochwasser, Elbbruch oder andere Ereignisse ein, wo unsere zivile Kultur sie bestätigt. Wo ich auch nicht mal wiederspreche. Wir haben also bei Punkt 7 den ersten Konsens für unser Deutschland. Warum ich unser Deutschland sage? Nun ja, ich habe die Flaggen getragen. Auf meiner Uniform. Ich erinnere mich daran. Daran das ich stolz darauf war in einer Armee zu dienen, die Menschen dient. „Wir. Dienen. Deutschland.“ Genau. Und ich bin beschämt, dass ich die gleiche Uniform getragen habe, wie ein Soldat, der sich als Flüchtiger aus Syrien ausgibt, und es den Bediensteten nicht auffällt, dass der Kerl die Heimatsprache seines vermeintlichen Landes nicht spricht. Deutschland ist nicht die Flagge. Deutschland ist nicht die Hymne. Deutschland ist das Verstehen aus seiner Geschichte heraus, dass nur Hilfsbereitschaft, Toleranz und Gemeinschaft für Menschen in Not hilft, Tod und Leid entgegen zu treten. „Wir schaffen das“ war eine der wenigen Sätze die Angela Merkel richtig gesagt hat. Und die Aufgabe eines Politikers ist es herauszufinden was richtig ist, und das Volk zu überzeugen. Nicht die Aufgabe ist es zum Stimmenfang den Menschen populistisch nach dem Maul zu reden. Nein ich bin kein Patriot. Nicht mal ein Aufgeklärter.

Und Europa? Das Europa Ihrer Bürokraten? Wir brauchen starke und ehrliche Regierungen. In den Ländern wie auch in der Welt insgesamt. Wer nur Europa sieht, denkt noch immer viel zu klein. Erst die Erde. Terra. Dann das Sonnensystem. Dann unsere Milchstraße und dann das Universum. Wir benötigen Definitionen welche inkludieren und nicht trennen. Ich sehe mich als intelligentes (einigermaßen jedenfalls) fühlendes Wesen. Zur Not als Mensch. Aber eben nur zur Not. Denn wenn wir uns aufmachen und die Sterne als Ziel haben, dann werden wir mit der Definition Menschen auch nicht lange weit kommen. Also auch Europa. Fein. Nur im Mittelpunkt steht nicht Deutschland und nicht der Deutsche. Sondern die Menschen, die die Mitte Europas bewohnen. Weniger Enge, mehr Weite und Freiheit.

Mir ist bewusst, dass ich es schwer haben werde einem Spross der lothringischen Aristokratie einen Gedanken wie Freiheit in allen Facetten schwer verständlich machen kann. Doch Herr Bundesinnenminister, ich bitte sie ernsthaft einen Gedanken in diese Richtung zu senden. Sie haben mit Ihrem Vater ein soldatisches Vorbild, das in meiner Familie immer wieder ein gutes Beispiel war.

Kommen Sie aus der preußischen geprägten Denkweise heraus. Wir brauchen keine Leitkultur in einem Land der Bildung und der Zukunft. Wir brauchen ein Herz und die Hände, um Miteinander Europa zu gestalten.

Es grüßt
Thomas

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